Herr Rüttiger, Sie führen gemeinsam mit Gründer Jochen Bähr das Unternehmen »büroforum planen und einrichten« in Würzburg. Was tun Sie da genau? Wir erarbeiten zum einen typgerechte Gesamtkonzepte für moderne, hybride Arbeitswelten – angefangen von der Konzeptionierung bis hin zur Umsetzung vor Ort. Zum anderen sind wir vor allem auch in beratender Funktion tätig und bieten Workshops zu Themen wie Hybride Arbeitswelten oder New Work an. Zusätzlich führen wir auch Zielfindungsworkshops durch.
Wie arbeitet büroforum nun konkret? Wie kann man sich den Prozess vorstellen? Unser konzeptionelles Vorgehen in den Projekten startet mit Bedarfsanalysen und auf Wunsch auch mit dem ein oder anderen Workshop. Daraus entstehen typgerechte Flächennutzungskonzepte in Bestands- oder Neubauten, bei denen wir Bestandsmöblierungen und architektonische Vorgaben berücksichtigen. In dieser Phase entstehen auch Möblierungskonzepte, Farb- und Materialkonzepte sowie Akustikkonzepte. Im weiteren Verlauf erstellen wir realitätsnahe Visualisierungen der gemeinsam entwickelten Raumkonzepte, auf Basis derer wir eine Budgetierung sowie ein konkretes Angebot erstellen, um am Ende dem Kunden die Entscheidung zu überlassen, ob er das Projekt mit uns umsetzen möchte oder nicht.
Und warum sticht gerade büroforum aus der Masse an Planungsunternehmen heraus? Was macht gerade Ihr Unternehmen so besonders? Gerade für Kunden, die noch nicht so weit sind, die noch mit Zweifeln zu kämpfen haben, wie ihre neue Arbeitswelt überhaupt aussehen soll, die vielleicht auch noch getrieben sind durch Themen wie die Pandemie oder ähnliche Faktoren, beginnen wir nicht erst bei der Planung, sondern eine ganze Ecke früher – und das mit einer umfassenden Beratung und Unterstützung in Form von Workshops. So führen wir unsere Kunden in die Planungsphase und schaffen die notwendige Basis für ein erfolgreiches Projekt.
Stoßen Sie bei Ihrer Arbeit eigentlich auch auf Probleme und Hürden? Ja klar, aber die ähneln sich irgendwie alle: die Ängste der Mitarbeiter vor der Veränderung dominieren. Sitze ich in einem Großraumbüro? Darf ich meinen Arbeitsplatz behalten? Hier tauchen immer wieder die gleichen Fragen auf. Daher sind eben die Aufklärung und die Beratung unsererseits so wichtig, um die Mitarbeiter bestmöglich während der Transformation mitzunehmen. Unser Ziel ist es, Ängste in Vorfreude zu verwandeln und den möglichen Mehrwert herauszuarbeiten, die ein neues Arbeitsplatzkonzept mit sich bringen kann. Dabei steht die Zufriedenheit der Mitarbeiter auch immer im Fokus unserer Arbeit.
Steht am Ende auch immer der Verkauf von Einrichtung oder macht büroforum auch reine Beratungsleistungen? Es ist schon richtig. Wir beraten, wir planen und wir setzen um. Der Großteil unserer Kunden möchte auch eben dieses Rundum-sorglos-Paket bis zur Umsetzung. Allerdings gibt es dafür keinen Zwang. Bei uns kann man auch nur eine Planungsleistung abrufen, nur eine Beratung oder eben auch einfach nur Möbel über uns beziehen.

»Unser Ziel ist es, Ängste in Vorfreude zu verwandeln.«
Hat Ihrer Meinung nach ein Wandel in der Arbeitskultur stattgefunden? Wie würden Sie diesen bewerten? Geht dies mit einem Generationenkonflikt einher? Auf jeden Fall gibt es diesen Wandel – er ist präsenter wie nie zuvor, an dem Thema kommt spätestens seit der Pandemie keiner vorbei. Dieser Wandel hat zum einen mit der Veränderung der Werte der neueren Generationen zu tun, zum anderen aber mit den Auswirkungen der Pandemie – und diese beiden Faktoren spielen am Ende auch zusammen. Unternehmen haben daher die Aufgabe, ihre Arbeitskultur zu überdenken und diese an die neuen Anforderungen anzupassen. Das ist oftmals kein einfacher Weg, da sich die vorherrschenden Arbeitskulturen in manchen Unternehmen über Jahre und Jahrzehnte kaum verändern mussten. Mobiles Arbeiten ist in vielen Unternehmen in kürzester Zeit zum Standard geworden. Mitarbeiter schätzen die neue Freiheit, selbst zu entscheiden, wo sie die Unternehmensaufgaben erledigen wollen. Vorteile bringt dies vor allem in der wechselseitigen Organisation von Familie, Freizeit und Arbeit. Diesen Mehrwert wollen viele Mitarbeiter nicht mehr aufgeben.
Das hat dann aber auch viel mit Vertrauen gegenüber den Mitarbeitern zu tun, das ohne Wenn und Aber aufgebracht werden muss. Hier setzen wir übrigens auch beim Thema Kulturwandel an. Vertrauen spielt eine große Rolle, gelebtes Vertrauen! Es ist auch schon fast unfair, dass man die Veränderungen in der Arbeitskultur nur der jungen Generation zuschieben will. Letzen Endes ist die neue Generation viel stärker darauf bedacht, mehr zu erleben, die Freizeit besser zu organisieren und den Begriff Work-Life-Balance wirklich zu leben, als das vielleicht die älteren Generationen durch ihre Prägung in der Lage sind zu tun. Die Jungen scheinen mit Themen wie Stress und Burnout anders umgehen zu können. Und das in einem gesunden Maß gelebt, könnte für alle ein zumindest gesundheitlicher Schritt nach vorne sein. Diese Werte, die die neuen Generationen mitbringen, sind extrem wertvoll. Denn in der Konsequenz wird sich diese weit verbreitete Situation, dass sich Menschen überfordert und gestresst fühlen, verbessern.

Was ist denn dann überhaupt das Bürokonzept der Zukunft? Und was gehört alles dazu? Ich persönlich fühle mich überfordert, hier eine konkrete Aussage zu treffen. Keiner kann in die Glaskugel schauen, wir können Visionen entwickeln und diese unterfüttern. Entscheider sind hier letzten Endes Themen wie die Pandemie, aus der heraus sozusagen notwendigerweise neue Bürokonzepte entsprungen sind, die sich als hybride Arbeitswelten zusammenfassen lassen. Hybride Arbeitswelten sind offener und flexibler gestaltet. Der »Ich-Arbeitsplatz« wird zum »Wir-Arbeitsplatz«. Abteilungen und Gruppen organisieren sich zeitlich und räumlich individuell in hybriden Teams. So könnten Unternehmen zukünftig schneller und effektiver auf Veränderungen vorbereitet sein. Ein unternehmerischer Faktor ist natürlich auch die effektive Nutzung von Raum. In Summe werden weniger Mitarbeiter zeitgleich im Büro sein – das heißt faktisch, es gibt Leerstände, die nicht genutzt werden. Der Raum muss also einem hybriden Arbeitszeitmodell in seiner Nutzung angepasst werden. Nicht zuletzt müssen die Mitarbeiter auch einen Mehrwert erkennen, wenn sie dann ins Büro kommen. Der Raum für Kommunikation, Austausch und soziale Kontakte muss in vielen Unternehmen noch erfunden werden. Da reicht die dunkle Kaffeeecke aus den 1980er Jahren längst nicht mehr.
Kann jedes Unternehmen auf New Work umsteigen? Oder gibt es bestimmte Voraussetzungen? Gibt es hier ein Erfolgsrezept, nach dem man arbeiten kann? Klare Antwort: Nein! New Work bedeutet nicht, dass ich jetzt einfach mal in ein neues System umsteige. Das ist keine Konzeptveränderung auf Knopfdruck. Es ist keine neue Bürowelt, die ich mir kaufe. Dahinter steckt viel mehr eine Kulturveränderung und damit ein Prozess, der sich über Wochen, Monate, sogar Jahre entwickeln muss. Am Anfang steht der Wille, so eine Veränderung eingehen zu wollen. Das wird am Ende zwar viele Vorteile bringen, aber auch bestimmte Konsequenzen, denen man sich bewusst sein und denen man sich anpassen muss.
Unsere Erfahrung zeigt, dass es ganz am Ende immer den Effekt gibt nach dem Motto »Ich hätte gar nicht gedacht, dass es so gut wird«. Wir haben generell eine ganz kleine Minderheit, die mit dem Konzept anfangs nicht konform geht. Am Ende bleibt vielleicht eine Minderheit an Skeptikern übrig, aber das ist nur menschlich und nachvollziehbar. Auch das ist eine Erkenntnis des ehrlichen Prozesses. Entscheidend ist am Ende des Tages, dass von Anfang an alle mit im Boot sitzen, den Prozess auch steuern – es gibt nichts Schlimmeres, als ein vorgegebenes, vielleicht ja modernes Arbeitsumfeld, das der Chef sozusagen vorsetzt. Das funktioniert nicht und taugt allenfalls für schöne Bilder in einer Unternehmensbroschüre – wir arbeiten aber an realistischen Bildern: also moderne, zeitgemäße Umgebung mit glücklichen Menschen.
»Ich muss bereit sein, mich auch persönlich als einzelner Mensch im System – ob Mitarbeiter oder Führungskraft – weiterzuentwickeln und meine Sicht der Dinge zu verändern.«

Für viele ist New Work im wahrsten Sinne noch ein Fremdwort, ein nicht greifbarer Begriff, der die Vorstellungskraft übersteigt. Auch das Schlagwort Desk Sharing löst eher Abwehrreaktionen aus. Wie gehen Sie mit den Bedenken und Ängsten der Entscheider und Mitarbeiter um? Wie kann man auch die »Zweifler« abholen? Es gibt nur einen Weg – und das ist die ehrliche Kommunikation. Nur darüber kannst du deine Ideen erklären und versuchen, den Mitarbeiter mitzunehmen, indem du ihn ernst nimmst in seinen Sorgen und ihm dein Ziel erklärst. Viele Abwehrreaktionen entstehen oft aus Unwissenheit und rühren nicht selten daher, dass der Mensch im ersten Schritt dazu neigt, sich auf Nachteile zu fokussieren. Den Mehrwert oder den Vorteil erkennen wir oft erst viel später. Diese Ängste werden natürlich noch verstärkt, weil Unternehmen die Mitarbeiter oft zu spät informieren. So kennen die Mitarbeiter die Ziele nicht und entwickeln zwangsläufig Ängste und Abwehrreaktionen. Daher kommunizieren wir an die Unternehmer, dass es essenziell ist, die Mitarbeiter frühzeitig mit einzubinden. Wir sind selbst Unternehmer, haben 80 Mitarbeiter*innen und die gleichen Kopfschmerzen wie unsere Kunden, die zu uns kommen. Wir sind auch nicht immer von allen Lösungen anfangs begeistert. Vom Apotheker gibt es bei Schmerzen dann halt die Ibu. Aber die gibt es im Fall von Mitarbeiterskepsis nun mal nicht. Da muss man anders rangehen und einen gemeinsamen Weg finden. Hier gilt es einfach, sich einzulassen. Die Dinge auszuprobieren und sich einfach mal wertfrei über einen längeren Zeitraum entwickeln lassen.
New Work ist eben ein Prozess. Die Bedenken seitens der Unternehmer sind immer: Wie nehme ich meine Mitarbeiter mit? Werden diese das neue Konzept annehmen? Der wichtigste Faktor dabei ist, dass du selbst von dem »New Work«-Gedanken überzeugt sein musst. Denn wie sollst du deine Mitarbeiter abholen, wenn du selbst daran zweifelst, dass es funktioniert? Daher ist es nicht nur als Veränderung des Raumes zu bezeichnen, sondern auch als Veränderung deiner eigenen Einstellung als Unternehmer. Sonst klappt es einfach nicht.
Was steht im Mittelpunkt eines New-Work-Konzeptes? Worauf kommt es hier grundlegend an, um ein solches Projekt erfolgreich umzusetzen? Wir planen keine Büros für Mitarbeiter, sondern Räume für Menschen. Der Mittelpunkt des New-Work-Konzeptes ist daher die Zufriedenheit der Mitarbeiter. Das bestimmt den Erfolg des Konzeptes und am Ende auch den des Unternehmens. Dabei ist es aber ganz individuell, wie man sicherstellt, dass sich die Menschen wohlfühlen. Man muss sich mit den Menschen in dem jeweiligen Unternehmen auseinandersetzen und herausfiltern, was der konkrete Bedarf ist. Wenn ich das Büro nach dem Bedarf plane und nicht nach den Wünschen, wird das geplante Büro mit ziemlicher Sicherheit funktionieren und erfolgreich angenommen werden. Eine Bedarfsanalyse ist kein Wunschkonzert. Es geht nicht darum, Wohlfühlmöbel, Kicker-Tisch, Kletterwand oder schöne Pflanzen ins Büro zu planen. Es geht darum, so bedarfsgerecht wie möglich vorzugehen und die Planung so zu gestalten, dass der Mitarbeiter effizient und individuell am besten arbeiten kann. Und »schön« darf es dann aber auch noch gerne werden. Warum eigentlich nicht?
Welchen echten Mehrwert hat New Work für Unternehmen und im Speziellen den Arbeitgeber selbst? Können Unternehmen wirklich davon profitieren, wenn Sie ihren Mitarbeiter*innen mehr Freiheiten und flexibles Arbeiten gewähren? Der echte Mehrwert für mich als Unternehmer ist der zufriedene Mitarbeiter, der am Ende leistungsfähiger und effizienter arbeitet. Klar braucht das am Anfang viel Vertrauen, aber viele sind dann überrascht, dass es doch wirklich gut funktioniert. Auch der gesundheitliche Aspekt ist definitiv nicht zu verachten. Ein gesünderer Mitarbeiter ist am Ende ein wertvollerer Mitarbeiter. Durch die Pandemie hat sich beispielsweise auch die Zahl der Krankheitstage minimiert. Die hybriden Arbeitswelten ermöglichen es, dass ich – falls nötig – von daheim aus arbeiten kann. Das haben wir in der Pandemie oft erlebt. Positiv getestete Mitarbeiter, die sich körperlich fit fühlten, arbeiteten einfach von zu Hause, statt sich krankschreiben zu lassen. Das zeigt uns auch, wie sozial intelligent Mitarbeiter mit der neuen Freiheit umgehen. Für uns als Unternehmer sind das tolle Erfahrungen, die wir machen dürfen. Die wir nutzen müssen, um neue Wege zu gehen.

